Bei der Durchführung diagnostischer Maßnahmen ist die Einwilligungsfähigkeit des Patienten zu prüfen und zu berücksichtigen. Es sind ggf. Maßnahmen zu ergreifen, um eine gesetzliche Vertretung des Betroffenen für Fragen der Gesundheitsfürsorge zu schaffen. Hierbei muss das Vorliegen einer Vorsorgevollmacht beachtet werden. Das Vorliegen einer Patientenverfügung muss ebenfalls beachtet werden.
Fahrtauglichkeit
Eine spezielle Fragestellung, die häufig im diagnostischen Prozess auftritt, betrifft die Eignung des Erkrankten, ein Kraftfahrzeug zu führen. Wenn eine Demenz diagnostiziert wird, sollte der Patient darüber aufgeklärt werden, dass diese Erkrankung im weiteren Verlauf zum Verlust der Fahreignung führen wird, selbst wenn der Patient zum Zeitpunkt der Diagnosestellung noch fahrtauglich sein sollte. („Sicherungsaufklärung“). Es sollte darauf hingewirkt werden, dass der Erkrankte rechtzeitig aus eigener Einsicht auf das Fahren verzichtet.
Anamnese
Eine genaue Eigen-, Fremd-, Familien- und Sozialanamnese unter Einschluss der vegetativen und Medikamentenanamnese sollte erhoben werden. Aus ihr sollten eine erste ursächliche Zuordnung, eine Schweregradabschätzung, besondere Problembereiche, Alltagsbewältigung und bisheriger Verlauf abschätzbar sein.
Kognitiver Kurztest
Als Instrumente zur orientierenden Einschätzung von kognitiven Störungen sind z.B. der Mini-Mental- Status-Test (MMST), der DemTect, der Test zur Früherkennung von Demenzen mit Depressionsabgrenzung (TFDD) und der Montreal Cognitive Assessment Test (MoCA) geeignet. Der Uhrentest kann in Kombination mit den anderen genannten Kurztestverfahren die diagnostische Aussagekraft erhöhen, ist jedoch als alleiniger kognitiver Test nicht geeignet.
Des Weiteren sollten die Erfassung von Beeinträchtigungen alltagsbezogener Fähigkeiten sowie von psychischen und Verhaltens-Symptomen und auch die Belastung der Angehörigen geklärt werden.
Labordiagnostik
Im Rahmen der Basisdiagnostik werden folgende Serum- bzw. Plasmauntersuchungen empfohlen: Blutbild, Elektrolyte (Na, K, Ca), Nüchtern-Blutzucker, TSH, Blutsenkung oder CRP, GOT, Gamma-GT, Kreatinin, Harnstoff, Vitamin B12.
Beispielhafte mögliche Ursachen eines Demenzsyndroms
1. Endokrinopathien
- Hypothyreose
- Hyperthyreose
- Hypoparathyreoidismus
- Hyperparathyreoidismus
2. Vitaminmangelkrankheiten
- B12-Mangel
- Folsäuremangel
- B1-Mangel
- B6-Mangel
3. Metabolische Enzephalopathien
- chronische Lebererkrankungen (M. Wilson, Hämochromatose, Leberzirrhose)
- chronische Nierenerkrankungen (Dialyse-Enzephalopathie)
4. Intoxikationen
- Industriegifte (z.B. Kohlenmonoxid, Quecksilber, Blei, Perchlorethylen)
- Medikamente (z.B. Kardiaka, Antihypertensiva, Psychopharmaka) · Alkoholabhängigkeit
5. Elektrolytstörungen
- Hyponatriämie (z.B. diuretische Behandlung)
- Hypernatriämie
6. Hämatologisch bedingte Störungen
- Polyzythämie, Hyperlipidämie, multiples Myelom
- Anämie
7. Chronische Infektionskrankheiten
- bakteriell: M. Whipple, Neurosyphilis, Neuroborreliose
- viral: Zytomegalie, HIV-Enzephalitis, progressive multifokale Leukoenzephalitis
8. Spätformen der Leukodystrophien, z.B. Zeroidlipofuszinose
Liquordiagnostik
In der Erstdiagnostik einer Demenz sollte die Liquordiagnostik zum Ausschluss einer entzündlichen Gehirnerkrankung durchgeführt werden, wenn sich dafür Hinweise aus der Anamnese, dem körperlichem Befund oder der Zusatzdiagnostik ergeben.
Zerebrale Bildgebung
Der bildgebenden Untersuchung des Gehirns im Rahmen der Diagnostik von Demenzerkrankungen kommen zwei Funktionen zu. Ihr Ergebnis soll helfen, behandelbare Ursachen einer Demenz aufzudecken (z.B. Tumor, subdurales Hämatom, Normaldruckhydrozephalus) und zur ursächlichen Differenzierung primärer Demenzerkrankungen beitragen.
Bei bestehendem Demenzsyndrom sollte eine konventionelle cCT oder cMRT zur Differenzialdiagnostik durchgeführt werden.
Elektroencephalographie (EEG)
Ein EEG ist bei bestimmten Verdachtsdiagnosen indiziert (Anfallsleiden, Delir, Creutzfeldt- Jakob-Erkrankung). Das EEG kann zur Abgrenzung von neurodegenerativen und nicht- neurodegenerativen Erkrankungen beitragen, ist jedoch zur Differenzialdiagnose von neurodegenerativen Demenzerkrankungen von geringem Wert.
Sonografie der gehirnversorgenden Gefäße
Doppler- und Duplexuntersuchungen werden zur Diagnostik von Stenosen (Verengungen) hirnversorgender Gefäße eingesetzt. Diesen Verfahren kommt eine wichtige Rolle in der Sekundärprävention zerebraler Ischämien (verminderte Durchblutung) zu. Bei vaskulärer Demenz oder bei gemischt vaskulär-degenerativen Demenzformen kann die Beurteilung von Stenosen hirnversorgender Gefäße relevant sein.
Genetische Diagnostik
Bei Verdacht auf eine monogen vererbte Demenzerkrankung (z.B. bei frühbeginnender Demenz in Verbindung mit einer richtungsweisenden Familienanamnese) empfiehlt sich eine genetische Beratung. Im Rahmen dieses Angebots soll darauf hingewiesen werden, dass sich aus der molekulargenetischen Diagnostik keine kausale Therapie oder Prävention der klinischen Manifestation ergibt und das Wissen um eine monogen determinierte Demenz Implikationen für die Patienten und die Angehörigen hat. Nach Beratung kann eine molekulargenetische Diagnostik angeboten werden.